Der Klimawandel ist eine globale Herausforderung. Seine Folgen treffen alle Menschen überall auf der Welt. Wir wissen längst, dass der Klimawandel eine Ursache für Unwetterkatastrophen, für Dürre und für Überschwemmungen ist – und damit auch eine Ursache für die globalen Flüchtlingsströme und Krisen in der Welt. Die Situation wird sich weiter verschärfen, wenn wir nichts unternehmen.

Klimaschutz ist folglich eine globale Aufgabe, der sich kein Nationalstaat entziehen darf. Das Abkommen von Paris ist in diesem Sinne ein Durchbruch. In ihm verpflichten sich erstmals alle Staaten der Welt, ihren Beitrag zum Klimaschutz zu leisten und die Erderwärmung auf deutlich unter 2 Grad Celsius zu begrenzen und dabei 1,5 Grad Celsius anzustreben. Das ist ein sehr ambitioniertes Ziel, aber es steht. Das Pariser Klimaabkommen ist der weltweite Maßstab für Klimaschutz in den kommenden Jahrzehnten. An ihm werden wir uns messen lassen müssen mit unseren Bemühungen, die Erderwärmung zu begrenzen und die Folgen des Klimawandels abzumildern.

Dass der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika das Bündnis für sein Land aufkündigen will, ist dabei mehr als eine Petitesse. Donald Trump setzt bewusst egoistische und kurzfristige vermeintliche US-Interessen gegen globale Solidarität und Nachhaltigkeit. Das ist ein fatales Signal und eine Absage an verantwortungsvolle Politik.

Staaten wie China, Kanada, Russland oder auch die Europäische Union haben darauf reagiert und ihr Bekenntnis zum Pariser Klimaschutzabkommen bekräftigt.- Aber es ist klar, dass es ohne die Vereinigten Staaten von Amerika ungleich schwerer wird, den Klimawandel zu bremsen. Wenn der weltweit zweitgrößte Treibhausgasemittent aussteigt, bedeutet das bei aller Entschlossenheit der übrigen Staatengemeinschaft eine nicht zu unterschätzende Schwächung der globalen Klimaschutzanstrengungen.

Aber Donald Trumps Ankündigung, die USA bei der Klimapolitik zu isolieren, bedeutet nicht automatisch das Ende aller Klimaschutzpolitik in den Vereinigten Staaten. Kalifornien und Minnesota oder auch Metropolen wie New York, San Francisco und Los Angeles machen sich die Haltung Trumps nicht zu eigen, sondern wollen auch künftig eine ambitionierte Klimaschutz- und Klimaanpassungspolitik betreiben. Diese Regionen sind fest entschlossen, in ihren Anstrengungen nicht nachzulassen. Der Klimawandel zeigt sich ja in den USA längst sehr konkret mit langanhaltenden Dürreperioden in Kalifornien, der Bedrohung Floridas und weiten Teilen der US-Atlantikküste durch steigende Meeresspiegel oder dramatische Unwetter.

Insgesamt 18 Bundesstaaten und Städte der USA haben bislang das so genannte Under2MoU (MoU=Memorandum of Understanding) unterzeichnet. Dahinter verbirgt sich das weltweit größte subnationale Bündnis gegen den Klimawandel. Baden-Württemberg und Kalifornien haben es 2015 ins Leben gerufen, um zu zeigen, dass sie als starke und führende Industrieregionen ihre globale Verantwortung für den Klimaschutz wahrnehmen. Eine Grundidee des Under2MoU-Bündnisses ist, dass wirksamer Klimaschutz vor Ort verankert werden muss, also in kleineren Einheiten als Nationalstaaten es sind. Global denken, lokal handeln und voneinander lernen – das gilt auch und gerade für den Klimaschutz, zu dem jeder von uns etwas beitragen kann. Denn in den Regionen und Städten werden die konkreten Maßnahmen eingeleitet und umgesetzt. Zum Beispiel Maßnahmen zum Ausbau erneuerbarer Energien oder für die ressourceneffiziente Produktion, Maßnahmen zur energetischen Gebäudesanierung oder zur Förderung nachhaltiger Mobilität. Die Summe aus vielen kleinen Maßnahmen kann dann zu einem wirklich großen Ergebnis führen. Erste Projekte in Entwicklungs- und Schwellenländern werden von privaten und öffentlichen Stiftungen oder Förderprogrammen wie der Internationalen Klimaschutzinitiative bereits unterstützt.

Das Under2MoU zählt inzwischen 176 Partner in 36 Ländern auf sechs Kontinenten. Sie alle bekennen sich dazu, bis 2050 ihre Treibhausgasemissionen gegenüber dem Bezugsjahr 1990 um mindestens 80 Prozent zu reduzieren beziehungsweise den Pro-Kopf-Ausstoß auf zwei Tonnen pro Jahr zu begrenzen. So tragen sie dazu bei, dass das Pariser Klimaziel, die Erderwärmung bei höchstens 2 Grad Celsius zu halten, erreicht werden kann.

Konkret sieht die Vereinbarung vor, dass die Beitrittsländer in den Bereichen Energieeffizienz, Verkehr und Transport, Ressourceneffizienz sowie Wissenschaft und Technologie ihre Aktivitäten vernetzen und optimieren. Neben Maßnahmen des praktischen Klimaschutzes enthält das „Memorandum of Understanding“ auch Aussagen zur notwendigen Anpassung an den Klimawandel.

Baden-Württemberg geht in beiden Bereichen seit einigen Jahren mit gutem Beispiel voran. So hat das Land schon 2013 dem Klimaschutz Gesetzesrang verliehen und ihn damit anderen Schutzgütern wie zum Beispiel dem Naturschutz gleichgestellt. Das verschafft dem Klimaschutz den nötigen Rang, den er aufgrund seiner globalen Bedeutung dringend braucht. Wir können es uns schlicht nicht leisten, Klimaschutz als Luxus zu betrachten, er ist vielmehr eine gesamtgesellschaftliche Verpflichtung und eine Daueraufgabe.

Im Gesetz geregelt sind insbesondere die angestrebten Ziele des Landes und der Weg, um sie zu erreichen.

Bis 2050 wollen wir unsere landesweiten Treibhausgasemissionen gegenüber 1990 um rund 90 Prozent verringert haben, bis 2020 um rund ein Viertel.

Im so genannten Integrierten Energie- und Klimaschutzkonzept, dem IEKK, haben wir die dafür nötigen Strategien und Maßnahmen definiert. Das IEKK enthält mehr als 100 Maßnahmen, wie und wo wir CO2-Emissionen vermeiden können. Dafür haben wir die Sektoren Stromversorgung, private Haushalte, Industrie, Gewerbe/Handel/Dienstleistungen, Verkehr, Öffentliche Hand sowie Land- und Forstwirtschaft untersucht.

Verankert im Gesetz ist außerdem die Vorbildfunktion der öffentlichen Hand beim Klimaschutz. Um dieser Vorbildfunktion gerecht zu werden, strebt die Landesverwaltung an, bis 2040 weitgehend klimaneutral zu arbeiten. Voraussetzung dafür sind massive Investitionen in die energetische Sanierung des Gebäudebestands im Land, ein klimafreundliches Beschaffungswesen, Green IT und nicht zuletzt ein möglichst umweltfreundliches Mobilitätsverhalten aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei Dienstfahrten und –reisen.

Die erste Zwischenbilanz zur klimaneutralen Landesverwaltung zeigt, dass wir auf einem guten Weg sind. Sie zeigt aber auch, dass es noch erheblicher Anstrengungen auf dem Weg zur Klimaneutralität bedarf. Die Landesverwaltung hat zwar seit 2010 ihre Treibhausgasemissionen um rund 30 Prozent reduziert, das ist ein schöner Erfolg. Aber in Sachen Effizienz und Energieeinsparung gibt es noch viel Potenzial.    Auch bei der klimaschonenden Mobilität fehlen die großen Erfolge noch. Deshalb hat die Landesregierung unlängst die Novelle des Landesreisekostenrecht auf den Weg gebracht. Unter anderem wollen wir ab 2018 eine Klimaabgabe zur Kompensation flugbedingter CO2-Emissionen für die gesamte Landesverwaltung verpflichtend einführen.

Was die Klimaschutzziele für ganz Baden-Württemberg betrifft, werden wir das angestrebte Ziel, die Treibhausgasemissionen um ein Viertel bis 2020 zu verringern, vermutlich um zwei oder drei Prozent verfehlen. Das heißt einerseits, die eigenen Anstrengungen für den Klimaschutz zu stärken. Es ist anderseits aber auch ein Beleg der großen Abhängigkeit von der deutschen wie auch der europäischen Klimapolitik.  Wir haben in Baden-Württemberg für viele Dinge schlicht nicht Regelungskompetenz und hängen gewissermaßen am Tropf von Brüssel und Berlin. Ohne ein funktionierendes europäisches Emissionshandelssystem mit reellen CO2-Preisen stoßen wir in Baden-Württemberg mit unseren Initiativen, in Energieeffizienz und damit in den Klimaschutz zu investieren, schnell an Grenzen. Und ohne ordnungspolitische Anreize auf Bundesebene werden wir in Baden-Württemberg nur wenig Erfolg haben bei der Sanierung des alten und energetisch rückständigen Gebäudebestands. Und das, obwohl wir als einziges Bundesland mit dem Erneuerbaren-Wärme-Gesetz zum Heizungsaustausch jedenfalls einen Teilbereich zum Klimaschutz im Gebäudebestand regeln. Auch der bundesweite Deckel bei der Ausbauquote der Erneuerbaren Energien und der fehlende verbindliche Fahrplan für den Kohleausstieg, behindern einen ambitionierten Klimaschutz in einer Region wie Baden-Württemberg.

Wir tun, was auf Landesebene möglich ist, legen Förderprogramme auf, schaffen Beratungsstrukturen für Unternehmen wie auch für Kommunen und die Bürgerinnen und Bürger, investieren in die Erforschung und Entwicklung effizienter Technologien und fördern den Ausbau der erneuerbaren Energien im Strom- und Wärmebereich. Auch eine Anpassungsstrategie haben wir in Baden-Württemberg bereits entwickelt, um Wege zu finden, die unvermeidbaren Auswirkungen des Klimawandels abzumildern.

Aber was auch immer eine Region wie Baden-Württemberg anpackt, der große Rahmen für den Klimaschutz wird in Brüssel und Berlin gesteckt.

Es steht fest, dass Europa ambitioniertere Pläne entwickeln muss als bisher, um nicht am eigenen Anspruch zu scheitern, weltweit führend beim Klimaschutz zu sein. Und es steht fest, dass die Bundesregierung mehr tun muss, um ihre Klimaschutzziele bis 2020 zu erreichen und darüber hinaus ihre Verpflichtung aus dem Pariser Weltklimavertrag zu erfüllen.

Wann auf diesen Ebenen das Tempo angezogen wird, ist offen. Umso mehr sind die Regionen aufgefordert, nicht nur abzuwarten. Je langwieriger und schwieriger sich Prozesse auf Staatenebene gestalten, desto wichtiger werden subnationale Bündnisse wie das Under2MoU. Sie entfalten eine Sogwirkung und sind gleichzeitig eine treibende Kraft.

 

Franz Untersteller ist Minister für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft des Landes Baden-Württemberg