Bei den letzten Wahlen haben die griechischen Parteien das Klimathema weitgehend ignoriert, obwohl es für die Bürger Priorität hatte. Erst Katastrophen wie Waldbrände und Überschwemmungen haben eine Debatte ausgelöst. Der Berichterstattung mangelt es jedoch an wissenschaftlicher Analyse und kritischen Journalisten droht sogar immer häufiger eine Klage.

Im Vorfeld der griechischen Parlamentswahlen im Mai und Juni war das Klima für die Parteien wenig oder gar nicht von Belang. Weniger als 0,5 % der Wahlkampfreden aller führenden Politiker enthielten die Begriffe „Umwelt” oder „Klimawandel”. Selbst in der abschließenden Fernsehdebatte zwischen den Spitzenpolitikern der wichtigsten Parteien des Landes war das Thema auffallend wenig präsent. 

Dies scheint den Erwartungen der griechischen Bürger zu widersprechen. Laut der jüngsten Eurobarometer-Umfrage sind 94 % der Griechen der Meinung, dass „die Bekämpfung des Klimawandels und Umweltfragen Priorität haben sollten, um die öffentliche Gesundheit zu verbessern.” Eine andere Umfrage von Metron Analysis ergab, dass 29 % der Griechen den Klimawandel für das größte Problem halten, mit dem unser Planet heute konfrontiert ist. Die steigenden Lebenshaltungskosten stehen jedoch an erster Stelle ihrer Sorgen, gefolgt von der Wirtschaft und erst dann folgt das Thema Umweltzerstörung (9 %). Dies könnte zumindest teilweise erklären, warum die grünen Parteien in Griechenland so schwach sind. Bei den Wahlen im Juni erhielten die Grünen 21.188 Stimmen, also 0,41 %, während das Bündnis Grün & Lila mit 15.725 Stimmen auf 0,3 % kam. 

Die klimaskeptische rechtsextreme Partei Niki (Victory) erhielt dagegen 3,69 % der Stimmen und errang 10 Sitze im griechischen Parlament. In einem Artikel auf der Website der Partei heißt es: „Die auf den Kohlendioxidausstoß basierende Theorie des Klimawandels ist bloß ein Mittel, um die globale Macht und den globalen Reichtum zu erhalten.”  

Kurz nach den Wahlen im Juni kam es in Griechenland jedoch zu verheerenden Waldbränden, die mindestens 28 Todesopfer forderten und bei denen mehr als 120 000 Hektar Land verbrannten. Im September dann wurde die zentrale Region Thessalien von verheerenden Überschwemmungen heimgesucht, woraufhin der Klimawandel in der politischen und medialen Debatte endlich thematisiert wurde. In ihrer Berichterstattung über die Umweltkatastrophen zitierten mehrere griechische Medien englischsprachige Nachrichten. Die beliebte regierungsnahe Zeitung Efimerida und das Online-Medium Newsbomb beriefen sich auf einen in der Deutschen Welle veröffentlichten Artikel mit dem Titel „Griechenland am stärksten vom Klimawandel betroffen”. Newsbomb zitierte den BBC-Bericht „Überschwemmungen in Griechenland: Premierminister Mitsotakis warnt vor einem ungleichen Kampf mit der Natur.” 

Ekathimerini, die englischsprachige Ausgabe einer der wichtigsten griechischen Tageszeitungen, zitierte Mitsotakis gegenüber CNN mit den Worten: „Wir haben alles getan, was wir konnten”, um die katastrophalen Brände zu bekämpfen. „Ich fürchte, dass dies die Realität sein wird, mit der Gebiete wie das Mittelmeer in Zukunft konfrontiert sein werden”, fügte Mitsotakis hinzu. Naive Kommentare wie diese haben zur Entpolitisierung von Umweltkatastrophen in der öffentlichen Debatte Griechenlands beigetragen.  

Dies ist kein neuer Trend. Im Jahr 2018 reagierte der ehemalige linke Ministerpräsident und Syriza-Vorsitzende Alexis Tsipras auf die Überschwemmungen in Mandra und die Waldbrände in Mati in der Hauptstadtregion Attika mit der Aussage, Griechenland müsse die Katastrophenschutzprotokolle aktualisieren, da „der Klimawandel häufiger zu extremen Wetterereignissen führen wird.” Der damalige Oppositionsführer Mitsotakis erwiderte daraufhin ironisch: „Herr Tsipras hat heute entdeckt, dass der Klimawandel extreme Wetterverhältnisse verursacht.”  

Polarisierung und Entpolitisierung 

Die verstorbene Geografin und Professorin an der Universität der Ägäis, Eleni Kapetanaki-Briassoulis warnte 2021 davor, dass eine fatalistische Akzeptanz der Auswirkungen des Klimawandels die Verantwortung auf weit entfernte Ursachen verlagert und damit „lokale Eingriffe (sowohl individuelle als auch kollektive) ins natürliche Ökosystem” zweitrangig erscheinen lässt.  „Das vorherrschende Narrativ des Klimawandels entlastet einen Teil der direkten oder indirekten Schuldigen, indem es das Lokale/Konkrete mit dem Globalen/sich nicht in unmittelbarer Nähe befindenden verwechselt und die Schuld damit auf eine größere Masse verteilt”, schrieb Kapetanakis-Briassoulis. 

Die Regierung ging jedoch noch einen Schritt weiter und griff nach den Katastrophen des letzten Sommers die wissenschaftliche Gemeinschaft an. Als die Nationale Beobachtungsstelle von Athen (NOA) im September einen Anstieg der verbrannten Flächen um 195 % meldete, obwohl die Zahl der Waldbrände im Jahr 2023 im Vergleich zum Jahresdurchschnitt von 2002 bis 2022 um 52 % zurückgegangen war, beschuldigte die Regierung die Beobachtungsstelle, politisch motiviert zu handeln. Die stellvertretende Ministerin für Migration und Asyl, Sofia Voultepsi, sprach von einer „Propaganda der Zahlen”, während der Abgeordnete und ehemalige Minister Stelios Petsas von „politischen Spielchen” sprach und betonte, dass er diese Rolle gar nicht möge. 

Anfang Dezember ließ die Regierung ihren Worten Taten folgen und kündigte an, die NOA in das Ministerium für Klimakrise und Katastrophenschutz einzugliedern. Forscher verschiedener Institutionen lehnen diese Änderung jedoch ab, da sie Bedenken hinsichtlich der Unabhängigkeit der Beobachtungsstelle hatten. 

Abgesehen von den politischen Kontroversen haben die Umweltkatastrophen des letzten Sommers die Klimakrise in den Vordergrund gerückt und möglicherweise einen Wandel in der Einstellung der Medien zu diesem Thema bewirkt. Laut einer Analyse des Nationalen Netzwerks für Klimawandel CLIMPACT von über zweitausend Nachrichten, die zwischen 2009 und 2020 online veröffentlicht wurden, war die Berichterstattung über die Klimakrise in den griechischen Medien aber aus mehreren Gründen mangelhaft:  

Erstens waren die Journalisten nicht an einer ausführlichen Berichterstattung über den Klimawandel interessiert, während 11 % der analysierten Inhalte klimaskeptische Ansichten wiedergaben.  

Zweitens: Obwohl die Folgen des Klimawandels in Griechenland und auf der ganzen Welt bereits spürbar sind, bezogen sich 28 % der untersuchten Artikel ausschließlich auf Klimaauswirkungen, die zu einem unbestimmten Zeitpunkt in der Zukunft erwartet werden. Nur 17 % der Artikel erwähnten die konkreten und bereits jetzt aktuellen Auswirkungen des Klimawandels.  

Drittens konzentrierten sich die Artikel auf die nationalen Regierungen als Verantwortliche für den Umgang mit dem Klimawandel. Lokale und internationale Akteure wie die EU, lokale Behörden, Umweltgruppen und NRO wurden weniger häufig erwähnt. Positiv zu vermerken ist hingegen, dass jeder zweite Nachrichtenartikel Aussagen von Experten enthielt. Jeder dritte Artikel zitierte Politiker gefolgt von Mitgliedern der Zivilgesellschaft (14,5 %), von Bürgern (12 %) und Wirtschaftsvertretern (9 %). 

Wie die Umfrage deutlich macht, kann die Präsenz von Wissenschaftlern in den Medien das Verständnis der Öffentlichkeit für den Zusammenhang zwischen Klimawandel, menschlichen Aktivitäten und Naturkatastrophen verbessern. Dennoch betont CLIMPACT, dass der Online-Diskurs in den Medien – der häufig den Offline-Diskurs reproduziert – pädagogischer werden und die Dringlichkeit politischer Maßnahmen zum Klimawandel besser vermitteln muss. 

kann die Präsenz von Wissenschaftlern in den Medien das Verständnis der Öffentlichkeit für den Zusammenhang zwischen Klimawandel, menschlichen Aktivitäten und Naturkatastrophen verbessern.

Alexandra Politaki, Botschafterin des Europäischen Klimapakts in Griechenland, schrieb in einem kürzlich erschienenen Artikel, dass es dem Land an groß angelegten Informations- und Sensibilisierungskampagnen fehle, die zentral konzipiert und von staatlichen Stellen über einen längeren Zeitraum durchgeführt würden. Stattdessen werden die Menschen „mit Fotos von aktuellen oder zukünftigen Katastrophen konfrontiert, […] mit fragmentarischen Bildern, die nicht mehr als Eindrücke vermitteln. So bleiben Schlüsselbegriffe […] wie Anpassung, Übergang, Klimaneutralität, Europäischer Green Deal und Just Transition Mechanism unverstanden von einem Großteil der Bevölkerung”, argumentiert Politaki. 

Selbst das im Mai 2022 verabschiedete Nationale Klimagesetz, das darauf abzielt, die Treibhausgasemissionen Griechenlands bis 2030 um 55 % gegenüber dem Stand von 1990 zu senken und bis 2050 auf Null zu reduzieren, erhielt nicht die Aufmerksamkeit, die es verdient. Die Verabschiedung des Gesetzes, das mehrere Umwelt-NGOs für unzureichend halten, um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen, erfolgte nach einer öffentlichen Konsultation von nur zwei Monaten zwischen Ende 2021 und Anfang 2022. Diese unzureichende Auseinandersetzung mit dem Thema „hat sich im Klimagesetz niedergeschlagen, ebenso wie das Fehlen eines umfassenden weitreichenden Ansatzes und einer politischen Vision”, so Politaki

Drohende Rechtsklagen 

Polarisierung und schwache Medienberichterstattung sind nicht die einzigen Probleme, die die öffentliche Klimadebatte in Griechenland kennzeichnen. In dem Maße, wie die Aufmerksamkeit für Umweltthemen gestiegen ist, haben auch die Klagen wirtschaftlicher Interessenvertreter gegen Journalisten zugenommen, darunter auch von Unternehmen, die an der Energiewende beteiligt sind. Einschüchternde rechtliche Maßnahmen, die als SLAPP (Strategic Lawsuit Against Public Participation) bekannt sind, richten sich vor allem gegen Journalisten, die Umweltschäden aufdecken oder über Umweltprobleme im Zusammenhang mit großen Bergbau- und Energieprojekten berichten. 

Beispiele hierfür sind die Klage des Unternehmens für erneuerbare Energien WRE HELLAS gegen Tasos Sarantis und die Zeitung Efsyn, die Klage eines hochrangigen Managers von Hellas Gold gegen das Online-Nachrichtenportal Altherthess und die Journalistin Stavroula Poulimeni, die über die Umweltverschmutzung im Zusammenhang mit den Bergbauaktivitäten des Unternehmens in der nordgriechischen Region Chalkidiki berichtet hatte, sowie die Klage des Recyclingunternehmens Antapodotiki Anakyklosi gegen den Journalisten Thodoris Chondrogiannos wegen eines Artikels, der im unabhängigen Nachrichtenportal Inside Story veröffentlicht wurde.  

Die rechtlichen Drohungen betreffen aber nicht nur Journalisten. So ging die ONEX-Werft auf der Kykladeninsel Syros gegen eine örtliche Umwelt-NRO vor. Außerdem  verklagte ein Windenergieunternehmen 100 Einwohner der Insel Tinos, weil sie gegen die Errichtung von Windturbinen mobil gemacht hatten, und ein anderes Windkraftunternehmen reichte auf Andros, Klage gegen neun Personen ein, nachdem diese gegen den Bau einer Straße durch das Unternehmen Einspruch erhoben hatten. Die Liste ließe sich fortsetzen. 

„Mit diesen SLAPPs wird versucht, unsere Arbeit zu behindern, die darin besteht, die Leute unabhängig von politischen und wirtschaftlichen Interessen zu informieren, was ja eigentlich unsere Pflicht ist. Außerdem wird dadurch das Recht der Bürger auf unabhängige Informationen nach und nach eingeschränkt”, erklärt Stavroula Poulimeni. Glücklicherweise haben sich die meisten lokalen Gemeinschaften und viele Umweltorganisationen mit Journalisten und NROs gegen die immer häufiger werdenden Einschüchterungsklagen zusammengeschlossen. 

Doch in den meisten Mainstream-Medien des Landes herrschte Schweigen über den Klimawandel. Da brauchte es überschwemmte Städte, schlammbedeckte Dörfer und 1,7 Millionen Hektar verbrannte Erde in einem einzigen Sommer, damit man sich an das Klima und die Umwelt erinnert. 

Seit 2016 verfügt Griechenland über eine nationale Strategie zur Anpassung an den Klimawandel, die auf einer Studie der Bank von Griechenland aus dem Jahr 2011 basiert. Sieben Jahre nach der Entwicklung der Strategie hat Griechenland jedoch immer noch nicht die 13 regionalen Pläne zur Anpassung an den Klimawandel (PESPACA) genehmigt, die zur Umsetzung der NSCA erforderlich sind. Auch nach dem letzten Sommer scheint sich wenig geändert zu haben, und in den Medien wird kaum über das Thema berichtet. 

Eine größere Unabhängigkeit der Medien ist von entscheidender Bedeutung, wenn wir die Öffentlichkeit mit hochwertigen Informationen über die Auswirkungen des Klimawandels und die entsprechenden Maßnahmen versorgen und gleichzeitig die Politiker zur Verantwortung ziehen wollen. Außerdem ist es dringend notwendig, Wissenschaftler und Journalisten gemeinsam auszubilden, damit sie die Komplexität der Klimawissenschaft einfacher vermitteln und die sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen der Krise besser erklären können. 

Dieser Artikel ist Teil einer Serie, die dem Klimadiskurs in den europäischen Medien gewidmet ist. Dieses Projekt wird von der Green European Foundation mit Unterstützung des Europäischen Parlaments und in Zusammenarbeit mit Voxeurop und dem Green European Journal organisiert.